Wer bist du, Avatar?
Oliver hat sich Mühe gegeben, seinen Avatar möglichst “lebensecht” aussehen zu lassen. Meine Irina dagegen ist nicht auf Ähnlichkeit angelegt, auch wenn mein Lieblings-Steuerberater behauptet, sie sähe mir ähnlich. Momentan trägt sie gerade ein fesches Dirndl und dazu passend blonde hochgesteckte Haare – mir steht Blond nicht mal als Perücke. Und während ich sie so ansehe, wie sie tanzt und ihr Eigenleben im Metaversum auslebt, mache ich mir Gedanken über die Beziehung zwischen Mensch und Avatar. Irina ist weniger mein virtuelles alter ego als eine Puppe, die ich in die andere Welt schicke. So wie wir früher als Kinder (wenigstens die Mädchen) mit Puppen spielten, in denen sich immer ein Teil von uns selbst wiederfand, aber eben immer nur ein Teil. Der Rest war die Puppe selbst, mit ihrem eigenen Charakter und einem gewissen Eigenleben.
Insofern ist es durchaus konsequent, den Avatar meistens aus der auktorialen Perspektive zu sehen und zu steuern – ich bin jedenfalls selten in der Ich-Perspektive als Avatar unterwegs. Also ist das Verhältnis zu meinem Avatar direkt ein bisschen schizophren – und die Distanz zu dieser Figur, die so viel oder so wenig ich selbst ist wie eine literarische Figur, die ich in einer Geschichte zum Leben erwecke, würde es schlicht falsch erscheinen lassen, ihr mein Aussehen zu geben. Sie lebt für mich in dieser Welt, aber sie ist nicht ich.
[2007-10-22 00:19 | Olivia Adler | ]
[Kat. metaverse homo-ludens ]
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— oliver gassner 2007-10-22 09:55 #
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